Vorbemerkung:
In dieser Rubrik möchte ich (Heinz) Texte zur Geschichte der basa einstellen. Über die ersten 10 Jahre gibt es einen schönen Bericht, den ich überarbeitet habe und hier gekürzt einstelle. Diesen Text hat Diethelm Damm Anfang der 90er Jahre für ein Buch verfasst; er ist auch als Broschüre „Ein traumhaftes Haus für uns alle…“ von uns veröffentlicht worden.

Im Sommer 2009 feierten wir die von uns so genannte 125-Jahr-Feier. Denn 2009 war es 100 Jahre her, dass das Haus, die Alte Schule eingeweiht worden war; und es war 25 Jahre her, dass wir unseren Verein gründeten, der heute basa e.V. heißt und als Träger der Bildungsstätte fungiert; wir hatten uns entschlossen, unsere Jubiläen immer am Datum der Vereinsgründung zu orientieren und so zuletzt 2014 die 30 Jahre basa begangen (nächstes Jahr, 2019, wäre eine 35-Jahr-Feier dran, wenn man dies denn feiern will…).

Die Bildungsstätte ist aber schon etwas älter, denn das Haus wurde am 1.1.1981 von der Gemeinde an den Landesverband Hessen des BDP übergeben (der somit der Vertragspartner der Gemeinde bzw. Stadt ist; vom BDP Hessen aus wurde der basa e.V. mit dem Betrieb der Bildungsstätte mittels eines Überlassungsvertrags beauftragt).

Wie das alles kam, schildert Diethelm in seinem Bericht:

 

Erste Ideen

Anfangs war es mehr eine launige Idee: 1979 fragte ein Vertreter des Neu-Anspacher Jugendzentrums im BDP-Landesbüro an, wie verhindert werden könne, dass das Jugendzentrum seine gemütlichen Räume im Keller der alten Schule gegen einen „Betonsilo“ im neuen Bürgerhaus eintauschen müsse. Denn die vier Ortsteile umfassende und damals ca. 10.000 Einwohner zählende Großgemeinde Neu-Anspach, etwa 35 km von Frankfurt entfernt im Taunus gelegen, wolle die langsam verfallende Schule im Ortsteil Anspach loswerden. Der hessische BDP Landesverband, nach einer Abspaltung der traditionellen Pfadfindergruppen seit Mitte der siebziger Jahre auch Koordinations- und Unterstützungsinstitution für etwa 150 Jugendzentrumsinitiativen in Hessen (vgl. Damm/Mekelburg 1981) hatte Erfahrung mit solcherlei Problemen. Die BDP-Mitarbeiter empfahlen, die Schule in ein mit dem Jugendzentrum verknüpftes Tagungshaus umzuwandeln. Dieser Vorschlag gefiel zwar den Jugendzentrums-Aktiven. Allerdings fühlten sie sich selbst dazu nicht in der Lage. „Dann machen wir’s eben“, meinte einer, als das Problem im BDP-Landesvorstand erörtert wurde. Ein genialer Einfall, verfügte der BDP doch weder über nennenswerte Eigenmittel noch über einen Erwachsenenverband, der solche zur Verfügung stellen konnte; weder über Leute, die für ein Projekt dieser Größenordnung genügend Zeit und Ahnung hatten, noch über Gruppen in Anspach…

Andererseits hatten seit einiger Zeit mehrere BDP-Aktive von einer weiteren Bildungsstätte geträumt – als Möglichkeit, Bildungsarbeit anders als herkömmlich betreiben zu können, Raum für örtliche Jugendarbeit zu schaffen, dort selbstbestimmt arbeiten und leben, „aufs Land ziehen und dort politisch arbeiten zu können…“

Die Träume behielten die Oberhand, zumal zunächst niemand daran glaubte, dass ein BDP-Angebot ernsthafte Chancen haben wurde. So erklärte der Landesverband der Gemeinde seine Bereitschaft, die alte Schule zu einem symbolischen Preis zu kaufen und zu einer verbandlichen Bildungsstätte umzubauen. Das Jugendzentrum sollte in seinen Räumlichkeiten verbleiben und in das Bildungstättenkonzept einbezogen werden.

„Hei, war das auf einmal eine aufgelockerte Stimmung bei unseren Gemeinderäten, als wir den Brief verlasen… Die Schlitzohren wollen eine Jugendbildungsstätte und ein selbstverwaltetes Jugendzentrum, ohne einen Pfennig dafür zu bezahlen!?“ (Jugendzentrums-Info, Juli 1979). Der Gemeindevorstand bekundete Interesse. Nun wurde es ernst. Es bestand Handlungs- und Verhandlungsbedarf: Den BDP-Mitarbeitern stellte sich die Frage „Wollen und vor allem können wir das Projekt wirklich realisieren?“ und: „Wer macht’s?“ Die Schule mit einer Nutzfläche von 860 qm, 4000 cbm umbauten Raums, 4 großen Klassenräumen, 2 Stockwerken mit ehemaligen Lehrerwohnungen, riesigem Boden und Keller, Schulhof mit einer alten Remise und einem ehemaligen Klo-Häuschen sowie einem Garten war vielen nun doch eine Nummer zu groß. Der lädierte Zustand verhieß zudem viel Arbeit.

Achim (hauptamtlicher Bildungsreferent des BDP-Landesverbandes in Frankfurt) und ich versprachen, uns darum zu kümmern. Achim war vor allem an den neuen Möglichkeiten politischer Bildungsarbeit interessiert. Ich plante, im Rahmen eines DJI-Handlungsforschungsprojektes am Beispiel der Anspacher Bildungsstätte meine in einem früheren Forschungsprojekt gewonnenen Hypothesen zu einer im solidarischen Lebenszusammenhang organisierten bedürfnisorientierten Jugendarbeit (vgl. Damm 1980 und 1981) zu konkretisieren und praktisch auszuprobieren. Zudem verfügte ich aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen erst als hauptamtlicher Bildungsreferent, dann als ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Hessischen Jugendrings über die nötigen Kenntnisse und Kontakte zu den Institutionen und Personen, mit deren Hilfe der Bildungsstätten-Ausbau finanzierbar erschien.

 

Verhandlungen

1979 und 1980 ging es dann zum einen um Vertragsverhandlungen mit der Gemeinde, zum anderen um die Beantragung von Zuschüssen, zum dritten um das Gewinnen einer Initiativgruppe, die das Projekt zu tragen bereit war und viertens um den Aufbau einer örtlichen BDP-Jugendarbeit. Denn die Bildungsstätte sollte anders als die meisten uns bekannten Tagungshäuser von Anfang an auch ein regionales Jugendarbeitszentrum werden, also überregionale wie regionale Seminararbeit und örtliche Gruppen- wie offene Jugendarbeit verbinden.

Die Verhandlungen von Seiten der Gemeinde wurden überwiegend vom SPD-Bürgermeister und dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Mehrheitsfraktion geführt. Sie verliefen in recht freundlicher Atmosphäre, zumal ich gute Bekannte im Büro von Willy Brandt und im Hessischen Sozialministerium veranlasst hatte, durch örtliche „Hintergrundgespräche“ unser Vorhaben zu unterstützen. Auch die CDU-Opposition schien zunächst eingebunden, da der Vorsitzende des Jugendzentrumsvereins zugleich jugendpolitischer Sprecher der örtlichen CDU war, die sich zudem von Anfang an gegen eine kommerzielle Nutzung der Schule ausgesprochen hatte. Das allgemeine Einvernehmen endete allerdings jäh, als Vertreter des Anfang der 70er Jahre aus dem BDP ausgetretene Bundes der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) an die Gemeindevertreter eine in einem CSU-nahen Verlag erschienene Schmähschrift gegen den BDP verteilten, in dem diesem unterstellt wurde, sich vom Pfadfinderbund in eine „rote Zelle“ verwandelt zu haben. Durch offensive Presse- und persönliche Überzeugungsarbeit ließ sich die Polemik schließlich entkräften. Wirkung zeigte vor allem auch die BDP-Kritik daran, dass die CDU nur aufgrund der oben genannten Schmähschrift in Gemeindeparlament und Öffentlichkeit gegen den BDP zu Felde gezogen war, ohne diesen selbst zu hören, sowie der Vorwurf der Parteipolitisierung von Jugendarbeitsanliegen und Verbandsquerelen.

Eines Tages erhielt ich einen Anruf des SPD-Fraktionsvorsitzenden, in dem mir dieser mitteilte, dass der Bürgermeister bei „einem Wiesbadener Amt“ Auskünfte über den BDP eingeholt habe, die ihnen teils problematisch. teils aber auch sympathisch seien, die insgesamt jedoch kein klares Bild ergäben. Auf die Frage, ob dieses Wiesbadener Amt vielleicht das Landesamt für Verfassungsschutz sei, meinte er, das könne sein, jedoch so genau wisse er das nicht. Möglicherweise handelte es sich auch um das Landesjugendamt. Auf jeden Fall sollten Achim und ich einmal zu einem Gespräch mit dem SPD-Fraktionsvorstand kommen, damit der sich eine eigene Meinung bilden könne.

Wir kamen und wurden u.a. gefragt, ob der BDP vorhabe, in Anspach eine rote Kaderschmiede zu eröffnen u.ä.m. Wir erläuterten das BDP-Konzept von Bedürfnisorientierung und Selbstorganisation, und da aufgrund der Vor- und Hintergrundgespräche Bürgermeister und Fraktionsvorsitzender ohnehin Zutrauen zu uns gefasst hatten, war das Eis bald gebrochen. Der Bürgermeister verschwand und holte die Auskunft des „Wiesbadener Amtes“. Sie bestand aus der Kopie eines Artikels aus einem Taschenbuch über Jugendverbände, in dem über den BDP unter anderem berichtet wurde, dass dieser 1971 wegen antiautoritärer und sozialistischer Tendenzen aus dem Weltbund der Pfadfinder ausgeschlossen worden sei. Dieser Ausschluss schien den SPD-Gesprächspartnern bedenklich. Andererseits könnten sie ja gegen sozialistische Tendenzen beim BDP nichts einwenden, denn schließlich seien sie ja auch „Sozial-, Sozial-, Sozialdemokraten“, meinte der Bürgermeister; Sozialisten mochte er nicht sagen, unterstrich aber die Zugehörigkeit zur progressiven SPD Südhessens.

Es gab noch eine Reihe solcher Begegnungen der dritten Art auch mit CDU-Vertretern. Verwirrung über die Frage, ob Kauf oder Erbrecht etc. Aber schließlich wurde im Dezember 1980 der Erbbaurechtsvertrag unterschrieben, nachdem das Gemeindeparlament bereits im September 1980 grundsätzlich grünes Licht gegeben hatte – „bei nur 2 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen… nun auch von der Mehrheit der CDU-Fraktion mitgetragen“. (Taunuszeitung vom 18.9.1980)

Das Beschaffen von Zuschüssen war einfacher, insofern ich mich hier auf vertrautem Terrain bewegte. Nach einer Reihe von Vorgesprächen mit mir bekannten Vertretern des Hessischen Sozialministeriums und der Stiftung Deutsche Jugendmarke wurden die entsprechenden Mittel im Oktober 1980 beantragt und bereits 2 Monate später von Stiftung und Land in Aussicht gestellt. Die einzigen, allerdings sehr folgenreichen Probleme bestanden darin, dass bei Antragstellung bereits klar war, dass die Gesamtkosten viel höher sein würden als die Mittel, die Land und Stiftung bereitzustellen signalisiert hatten und somit 2 Bauphasen einzuplanen waren. Außerdem wurden 20 Prozent Eigenmittel verlangt, die sich auf die stolze Summe von 160.000,- DM beliefen. Da diese nur in Form von Eigenleistungen zu erbringen waren, setzte das umfangreiche ehrenamtliche Arbeit voraus. Das schien uns zunächst kein Problem, da wir ursprünglich vorhatten, den größten Teil des Ausbaus per Eigenleistung zu erstellen, wobei sich auch die BDP-Jugendgruppen die Bildungsstätte über praktische Beteiligung aneignen und ihre Vorstellungen einbringen sollten.

Bereits Mitte des Jahres 1980 hatten wir zudem im Landesverband entschieden, eine ABM-Stelle und einen Zivildienstleistenden zur Betreuung des Projektes sowie zur Koordination der Eigenleistung bereit- bzw. abzustellen, sodass im Herbst dieses Jahres zwei Vollzeitstellen für die Bildungsstätte zur Verfügung standen. Bei der ABM-Beantragung war etwas schiefgegangen, sodass derjenige, der die Stelle eigentlich erhalten sollte, vom Arbeitsamt nicht zugewiesen wurde. Zufällig befand sich aber unter den vom Arbeitsamt vermittelten Bewerbern Heinz, ein ehemaliger Jugendpfleger, der den BDP bereits kannte und schätzte und sich sofort für das Bildungsstättenprojekt begeisterte.

 

Erstes Konzept

Das von mir im Antrag an die Stiftung Deutsche Jugendmarke und an das Land Hessen skizzierte Bildungsstättenkonzept sah folgende Elemente vor:

  • Selbstverwaltung der Bildungsstätte durch eine Projektgruppe bei gleichzeitiger Integration der Arbeit in den Verband: „Getreu dem Grundsatz maximaler Autonomie aller Projekte im BDP bei gleichzeitiger maximaler kommunikativer und kooperativer Verschränkung mit anderen Arbeitsbereichen des Verbandes werden alle Belange der Bildungsstätte organisiert von einer Projektgruppe. die weitgehende Entscheidungsvoll macht besitzt.“ (Antrag 1980, 7)

  • Kapitalneutralisierung: Die Bildungsstätte sollte Eigentum des Landesverbandes bleiben und mit allen sonstigen Rechten und Pflichten von der Projektgruppe verwaltet werden.

  • BDP-Kristallisationspunkt: Die Bildungsstätte sollte einen Fokus darstellen beim Versuch. Jugendlichen Selbstorganisationsräume und verlässliche Lebenszusammenhänge zu ermöglichen (vgl. Teil III). In der Abgrenzung zur Kurzzeitpädagogik sollte dazu die Bildungsstätte „ständiger Kristallisationspunkt“ sein für – örtliche BDP-Gruppen und das selbstverwaltete Jugendzentrum, – hessische BDP-Gruppen und Initiativen, – BDP-Gruppen aus dem ganzen Bundesgebiet, – deren Teamer und Aktive, sowie sich aus diesem Zusammenhang ergebende politische Bildungsseminare, jugendpolitische Arbeitskreise, Freizeiten, internationale Jugendbegegnungen und Theoriebildung. Zudem sollte das Haus als allgemein zugängliche Belegungsstätte auch über den BDP hinaus allen Verbänden und Initiativen offen stehen.

  • Ort der Praxisreflexion und Erfahrungsweitergabe: In Kooperation mit meinem DJI-Handlungsforschungs-Projekt sollte sowohl experimentell wie theoretisch an der Weiterentwicklung von Theorie und Praxis der Jugendarbeit gearbeitet und Ergebnisse sowohl in Form von Publikationen wie Beratungen und Seminaren weitergegeben werden.

  • Bildungsstättenausbau als Lernprozess: Planung und Ausbau sollten nicht ExpertInnen vorbehalten bleiben. Vielmehr sollte es gehen „zum einem um einen den Ansprüchen der zukünftigen Benutzer gemäßen Ausbau in einem Prozeß dialogischen Lernens, in dem sowohl Architekten und Experten der Projektgruppe von den Jugendlichen, als auch diese von den Experten lernen und sich gegenseitig ergänzen“ (Antrag 1980, S.12). Zum anderen sollte es gehen um handwerkliche Qualifizierung, Sensibilisierung „für Probleme humanen Wohnens sowie für die von alternativen Technologien“, das „Erproben kollektiver und solidarischer Arbeitsformen“, sowie darum, „Schülern einen ersten Einblick in die Probleme der Arbeitswelt“ und von am Bau beteiligten selbstverwalteten Betrieben zu geben (ebenda)…

 

Konfliktkonstellation Initiative vs. Verband

Soweit die ersten Vorstellungen. Nun galt es, Leute zu finden, mit denen sie konkretisiert und umgesetzt werden konnten. Dazu sprachen wir eine Gruppe an, die bereits seit einiger Zeit eine Bildungsstätte plante und zeitweise an einem solchen Projekt schon mitgearbeitet, sich dann jedoch mit den anderen Initiatoren zerstritten hatte. Sie bestand aus einem Freundeskreis von ca. 12 Personen, vornehmlich Lehrer- und SozialarbeiterInnen. Einige von ihnen waren früher schon im BDP aktiv gewesen, und so war der Kontakt schnell hergestellt.

Sie hatten bisher über ein ausschließlich auf die Bedürfnisse der Gruppe zugeschnittenes Tagungshaus nachgedacht, das sie mit eigenen Mitteln ausbauen wollten. Als Zielgruppen hatten sie eher Schulklassen und Behinderte im Auge, waren aber gegenüber unseren Vorstellungen recht offen und vor allem davon angetan, dass wir bereits ein konkretes Objekt offerieren konnten, das zudem in landschaftlich schöner Umgebung lag: im Taunus, nicht weit vom Feldberg, in der Nähe von Saalburg (Römerkastell), Hessenpark (ein Museumsdorf), einem Waldschwimmbad, mit Ortsrandlage und doch nahe am „Zentrum“ der ca. 3.000 Einwohner zählenden Kerngemeinde.

Nach einigen Treffen, bei denen wir unsere Vorstellungen intensiver austauschten, beschlossen wir, es miteinander zu versuchen. Die Frage war allerdings, auf welcher Basis, denn: „Von der Projektgruppe aus bestehen Bedenken – wenn auch innerhalb der Gruppe unterschiedliche – all ihre Zeit und Arbeitskraft und auch Finanzen einfach in den für sie relativ anonymen BDP zu werfen; sie kalkulierten dabei die Gefahr einer politischen Veränderung des BDP ein. Wenn mal so was ähnliches wie damals mit der MLD passieren würde (ein Unterwanderungsversuch durch eine K-Gruppe, D.D.), könnte der Einsatz für die Katz sein … Mit der derzeitigen Arbeitsweise und politischen Richtung des BDP hätten sie keine Probleme – allerdings kennen die meisten von ihnen uns kaum! Vom BDP aus bestehen Bedenken, das Ding zu pachten und alle finanziellen und politi-schen Verantwortlichkeiten letztlich zu tragen, aber die Ausführung einer nicht ‚kontrollierbaren‘ Projektgruppe zu überlassen. D.h. es sollte eher ein BDP-Projekt sein, das dennoch der Gruppe relative Autonomie einräumt …“ (aus Achims Vorlage vom 30.6.1980 für den BDP-Landesarbeitsausschuss (LAA), das BDP-Entscheidungsgremium auf Landesebene)

Damit war die klassische Problemkonstellation zwischen selbstorganisierter Initiative und Verband formuliert, die meistens auftritt, wenn derart ungleiche Partner kooperieren wollen – den InitiativenvertreterInnen ist der Verband zu wenig transparent und zu wenig von ihnen beeinflussbar; den Verbandsvertreterinnen sind die Initiativen zu wenig einschätzbar und kontrollierbar. Beide Seiten befürchten, von der jeweils anderen instrumentalisiert zu werden. Initiativen fürchten insbesondere den Verlust ihrer Autonomie, Verbände insbesondere den ihrer Definitionsgewalt sowie ökonomische und/oder juristische Probleme.

Zur Lösung des Problems wurden vor allem institutionelle Strategien vorgeschlagen: ein Kreisverband schlug vor, einen Beirat zu bilden, „in den jede interessierte Ortsgruppe Vertreter schickt“. Weiter wurden erwogen die Bildung eines „eigenen Trägervereins für das Projekt“, der „paritätisch aus BDPIern aus dem Landesverband und aus Leuten der Projektgruppe besetzt ist“, ein Dachverbands-e.V., der aus Projektgruppen-e.V. und Landesverbands-e.V. bestehen sollte, eine ähnlich zusammengesetzte Stiftung, ein aus Projektgruppen- und BDP-Mitgliedern paritätisch besetzter Beirat u.a.m.

Daraus hätte man/frau nun mühelos monatelange Satzungs- und Geschäftsordnungsdiskussionen entwickeln können. Diese hätten einerseits die Chance zu genauerer Interessenaushandlung geboten, aufgrund der notwendigen Formalisierung in Vereinsrechtsparagraphen andererseits aber auch leicht in endlose Vereinsmeiereien ausarten können, zumal inhaltlich und organisatorisch zu diesem Zeitpunkt noch kaum etwas klar war und über Satzungsdiskussionen auch kaum klarer werden konnte.

Deshalb entschieden wir uns für eine institutionell abgesicherte kommunikative Lösung: Die Projektgruppe erhielt volle Entscheidungsmacht über alle die Bildungsstätte betreffenden Fragen. Dabei waren finanzielle und konzeptionelle Grundsatzfragen im LAA rückzukoppeln, der allerdings nicht gegen den Willen der Projektgruppe entscheiden konnte. Praktisch bedeutete das eine ständige Berichtspflicht der Projektgruppe im LAA und in der Verbandszeitschrift.

Die eigentliche Interessenaushandlung war nicht an formelle Gremien, sondern an Mitarbeit in der Projektgruppe gebunden. In dieser wirkten Achim und ich mit, brachten die BDP-Intentionen in die kontinuierliche Projektdiskussion ein und entwickelten sie gemeinsam mit der Projektgruppe weiter. Da hier alle Beschlüsse im Konsens gefasst wurden, konnte niemand „überfahren“ werden. Und da andererseits die Projektgruppe Sitz und Stimme im LAA erhielt, der ebenfalls im Konsens entschied, war für beide Seiten eine gleichberechtigte Kommunikation sichergestellt. Dieses Prinzip der kommunikativen Verknüpfung – von LAA und Projektgruppe schnell akzeptiert – ersparte uns viele Formaldebatten und sicherte für Jahre ein relativ problernfreies wechselseitiges Verhältnis und ermöglichte es, alle Kräfte auf die Konkretisierung der inhaltlichen und organisatorischen Projektentwicklung zu konzentrieren.

 

Konfliktkonstellation Planungs- vs. Umsetzungsphase

Um das Bildungsstättenprojekt von Anfang an örtlich zu verankern, entwickelte Achim ab Sommer 1980 eine örtliche BDP-Gruppenarbeit: „Erste Aktivitäten dieser Gruppe waren eine sehr erfolgreiche Pressekonferenz, mit der einige Steine aus dem Weg zum Vertragsabschluss geräumt wurden“ (BDP-HTK-Info 1/1980, 3), die Beteiligung am Landesverbandsfest 1980, ein eigenes Zeltlager, Herausgabe des BDP-HTK-Info oder die Auseinandersetzungen mit Jugendlichen, die „Autoaufkleber wie ‚Foppt Strauß‘ oder ‚Atomkraft pfui Deibel‘ abgerissen oder die Reifen der selbigen Autos plattgemacht“ hatten (ebenda). Die Gruppenarbeit lief unabhängig von der Projektgruppe. Jugendliche aus Jugendzentrum und BDP-Gruppe konnten zwar an letzterer teilnehmen, tauchten jedoch nur sporadisch auf, weil die dort anstehenden Probleme und Kommunikationsformen sie wenig ansprachen.

Durch die oben geschilderte Struktur zu flexiblem Handeln befähigt, wurde die Projektgruppe bald um bauerfahrene Mitarbeiter der Arbeiterselbsthilfe (ASH), eines selbstverwalteten Betriebs im Frankfurter Umland, sowie reisende Gesellen erweitert.

Die Konzeptdiskussion trat in der Projektgruppe in den Hintergrund. Im Vordergrund standen nach einer Phase intensiven Kennenlernens und der Motivationsthematisierung bald vor allem bauliche, handwerkliche und auch kalkulatorische Probleme. Eine erste Kostenschätzung von den Projektgruppenhandwerkern für den Umbau lag bei 40.000,– DM, die nächste bei 150.000,– DM. Ausgehend von dieser Größenordnung verhandelte ich über Zuschüsse im Hessischen Sozialministerium. Dort wurden die Zahlen belächelt und mindestens das Doppelte für nötig erachtet. Da eine Kostenbeteiligung von 40 Prozent durch das Sozialministerium, 40 Prozent durch die Stiftung Jugendmarke und 20 Prozent durch den BDP vorgesehen war, einigten wir uns darauf, dass das Land 150.000,– DM Zuschuss einplante.

Eine später erstellte Architektenschätzung ergab Gesamtkosten in Höhe von 1,2 Millionen DM, was wiederum bei den Projektgruppenhandwerkern große Belustigung hervorrief, im Sozialministerium jedoch als realistisch angesehen wurde. Der Kalkulationsstreit wurde schließlich dadurch beendet, dass der Vertreter des Sozialministeriums erklärte, zunächst maximal 350.000,– DM Zuschuss bereitstellen zu können. Damit war klar, dass für die erste Baustufe 850.000,– DM veranschlagt werden konnten…

Dieses Beispiel zeigt, dass es recht locker und ambulant zuging in der ersten Phase des Bildungsstättenprojektes. Zwar holten wir die Erfahrungen anderer BDP-Bildungsstätten und autonomer Tagungshäuser ein und konsultierten verschiedene Expertinnen; sich jeweils kollektiv einen Reim auf deren Aussagen zu machen, fiel jedoch zunächst nicht leicht.

Als im September 1980 klar war, dass die Gemeinde dem BDP definitiv den Zuschlag erteilen würde, begannen Projektgruppenmitglieder, einige Räume irrt ersten Stock der Bildungsstätte so herzurichten, dass von dort aus mit der Planungsarbeit begonnen werden konnte. Denn es sollte kein von Architekten allein am grünen Tisch, sondern ein von Projektgruppe und Architekten gemeinsam entworfener Plan werden. Als sich die Projektgruppe zum ersten intensiveren Planungswochenseminar im Dezember 1980 unmittelbar nach Abschluss des Erbbaurechts-Vertrags mit der Gemeinde Neu-Anspach traf, war sie um ca. ein Drittel ihrer Mitglieder geschrumpft.

Denn mit jedem Konkretisierungsschritt des Projekts verstärkten sich die Anforderungen an die Gruppe, waren vielfältige Entscheidungen und Aktivitäten vonnöten, kurz, die Projektarbeit trat von der Utopie- in die Umsetzungsphase ein. Was sich bei vielen anderen von mir begleiteten Projekten in ganz ähnlicher Weise wiederholen sollte, geschah auch hier: die Initiativgruppe schrumpfte.

 

Konkretisierungsplanung

Der Planungsprozess für die Bildungsstätte wurde von zwei mit Projektgruppenmitgliedern befreundeten Architekten angeleitet. die eine zu unserem Vorhaben passende Planungsmethode einbrachten, die sie bei Auslandsaufenthalten in Kalifornien und New Mexico kennengelernt und erprobt hatten. Sie bestand darin, sich in zukünftige Bildungsstättensituationen hineinzuversetzen und – beispielsweise von der Situation des Ankommens in der Bildungsstätte ausgehend – sich die damit verbundenen Gefühle und Bedürfnisse zu vergegenwärtigen und unter Einbeziehung von ebenfalls an solchen Situationen orientierten architektonischen Erfahrungen und -grundsätzen, sogenannten „pattern“ (s. unten, Alexander 1977) in bauliche Planungsüberlegungen zu übersetzen.

Dazu überlegten wir dann zum einen, was alles in der Bildungsstätte stattfinden sollte und wie das räumlich zuzuordnen war; zum anderen reflektierten wir unsere vielfältigen Erfahrungen mit Seminaren in anderen Bildungsstätten und wie diese in der unseren berücksichtigt werden könnten. Schließlich stellten wir uns vor, welche Situation für verschiedene Gruppen von Nutzern entstehen würden, gingen von Raum zu Raum, von Situation zu Situation, lasen und reflektierten die dazu passenden „pattern“ und entwickelten daraus die Umbaupläne. Zu bestimmten Einzelfragen wie z.B. dem behindertengerechten Ausbau holten wir Rollstuhlfahrerlnnen in die Schule und ließen uns von ihnen erklären, worauf es beim Umbau aus ihrer Sicht ankäme. Dieser Planungsvorgang war außerordentlich produktiv, wenn auch sehr zeitintensiv. Er erlaubte es, sowohl eigene Vorerfahrungen aus anderen Bildungsstätten, wie Konzeptionsüberlegungen, Jugendbedürfnisse, architektonische Grundsätze etc. vernetzt zu reflektieren.

 

Erstes bauliches Konzept

Daraus entstanden dann erste bauliche Vorstellungen: Im geräumigen Dachgeschoss waren zwei Wohnungen für Projektgruppenmitglieder und/oder Zivildienstleistende geplant. Der erste und der zweite Stock sollten zwei separate Übernachtungstrakte mit Selbstverpflegungsküchen beherbergen.

Für das Erdgeschoss wurden das Bildungsstättenbüro, ein Kaminraum, ein großer und ein kleiner Tagungsstätten- sowie ein gemeinsam mit dem Jugendzentrum zu nutzender Filmraum vorgesehen. Im Keller verblieb das selbstverwaltete Jugendzentrum. Erdgeschoss und erster Stock sollten behindertengerecht ausgebaut und durch einen Fahrstuhl vom Hof aus zugänglich gemacht, das Kaminzimmer mit dem Garten über eine Terrasse verbunden werden. Ein ehemaliges Klohäuschen auf dem Hof sollte eine Sauna, der alte Schuppen zur Werkstatt werden. Gedacht war an eine offene Fahrradwerkstatt sowie eine Töpferei. Den Asphaltschulhof planten wir zu begrünen, die Außengebäude mit der Schule durch eine pflanzenumrankte Pergola zu verbinden. Für Hof, Gebäude und Garten sahen wir vielfältige Treppen und Mäuerchen, Veranden und Grill, um eine Hoflinde gewundene Sitzgruppe etc. vor – als Bühnen für Sehen und Gesehenwerden, Jux und Schabernack.

Generell stellte das Planungskonzept darauf ab, Räume für möglichst unterschiedliche Bedürfnisse zu schaffen, Zonen der Ruhe und Zurückgezogenheit, Tobe-Räume, öffentliche oder Zwischenzonen etc. Vielfalt war ein Grundprinzip der pattern language, von den Räumen bis zu den Stühlen, z.B.: Leute werden sich dann am wohlsten fühlen, wenn viele von den Stühlen unterschiedlich sind, sodass sie zu verschiedenen Temperamenten und Stimmungen, zu Größen und Gestalten passen (Vgl. pattern 251, Alexander 1977). Entsprechend waren für die Innenausstattung auch möglichst vielfältige Formen von Betten vorgesehen – um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden – vom Matratzenlager über breite und schmale, Hoch- und Himmelbetten bis zu Alkoven.

Für den Kaminraum, der eine sehr hohe Decke hatte, war eine zweite Ebene im Gespräch, mit dem Boden durch eine Rutsche verbunden. Heinz brachte verschiedene künstlerische Überlegungen ein; so sollte die der Hauptstraße zugewandte Hausfassade ein großes künstlerisch gestaltetes BDP-Emblem zieren. Mir schwebten darüber hinaus allerlei spielerische Elemente vor, wie in die Wände eingebaute Springteufelchen, Fontänen, ”Öko-peep-shows“ etc., damit es für Kinder und Jugendliche überall etwas zu entdecken gab. Zudem wurde über allerlei Alternativtechnologisches nachgedacht: Sonnenkollektoren und Windrad, Regenwassernutzung und Wintergarten…

Wie lange manche Ideen gärten bzw. ihrer Realisierung harrten, mag das Sonnenkollektorprojekt zeigen: Im Mai 1992 wird eine Kollektoranlage endlich installiert.

Die Planungsphase beinhaltete also wiederum viele Traum- und Utopie-Elemente. die auch recht lustvoll ausgesponnen wurden. Das dauerte und wurde immer wieder durch gruppendynamische Probleme überlagert. Denn es kristallisierten sich langsam drei „Fraktionen“ in der Projektgruppe heraus mit relativ unterschiedlichen Hauptmotiven: eine Gruppe, die an der Bildungsstätte vor allem wegen der Jugend- und Bildungsarbeit interessiert war, eine andere, die vor allem handwerkliche Interessen verfolgte und sich über den Ausbau so qualifizieren wollte, dass sie anschließend einen selbstverwalteten Baubetrieb gründen konnte und eine dritte Fraktion, für die das Gruppenfeeling von zentraler Bedeutung war.

Erörterte die erste gern Konzepte der Gruppen-, offenen oder Seminararbeit, konnte die zweite stundenlang darüber fachsimpeln, ob Biberschwänze oder Schieferziegel aufs Dach sollten, während die dritte beständig Beziehungsdiskussionen, gesellige Runden und private Kontakte anmahnte. Zudem dachten Vertreterlnnen aller Fraktionen im Stillen darüber nach, ob die Bildungsstätte nicht auch eine langfristige Arbeitsplatzalternative darstellen könnte. Entsprechend war hinreichend für Dynamik und Konfliktstoff gesorgt. So kam die Bauplanung wochenlang zum Erliegen, weil Gruppenprobleme bearbeitetet werden mussten, und Achim zog sich anderthalb Jahre aus der Projektgruppe zurück, da ihm diese Dynamik „zu sehr auf den Keks ging“.

Trotzdem wurde im Jahr 1981 vielerlei bewegt und in nun wöchentlich stattfindenden Gruppensitzungen koordiniert: Auf dem BDP-Landesverbandsfest präsentierte die Projektgruppe eine Fotodokumentation der bisherigen Planungen und stellte ein Lebkuchenmodell der Bildungsstätte mit einem Song vor. In der Bildungsstätte wurden mehrere Räume provisorisch benutzbar gemacht, und es fanden erste Seminare statt. Im Erdgeschoss wurde ein Raum für eine örtliche Krabbelstube hergerichtet. Dies entsprach sowohl dem Bedürfnis eines Projektgruppenmitgliedes als auch dem Anspruch der „Öffnung zum Dorf”.

Mit dem Möbelwagen der ASH wurden dafür alte Möbel aus Wiesbaden herbeitransportiert, die uns das Hessische Sozialministerium, das sich neu einrichtete, kostenlos überließ. Es gab einen herben Streit mit der Gemeinde, die entgegen früherer Absprachen eine riesige Betongarage für Katastrophenfahrzeuge des Deutschen Roten Kreuzes auf dem Schulhof einrichtete. Ein vom BDP gestellter Antrag auf einstweilige Anordnung eines Baustopps wurde abgewiesen, weil der beauftragte Notar unsere Rechte nicht ins Grundbuch hatte eintragen lassen. Dabei lernten wir viel über dörfliche Strukturen: der Bürgermeister war örtlicher, der Notar DRK-Kreisvorsitzender; auch der Vorsitzende des Gemeinde-Bauauschusses war DRK-Mitglied. Mehrere Projektgruppenmitglieder waren so entrüstet, dass sie ernsthaft erwogen, das Projekt aufzugeben.

1981 wurde außerdem das erste mehrwöchige Sommerlager des BDP Hochtaunus organisiert. Heinz’ ABM-Stelle wurde um ein Jahr verlängert, eine zweite ABM-Stelle bewilligt. Zusammen mit einigen fahrenden Gesellen und ASHlern deckte ein Teil der Projektgruppe das Remisendach neu ein, goss in der Remise einen Zementestrich (dies alles als erste größere Eigenleistung zur Überbrückung der Wartezeit bis zum Umbau) und machte einige Toiletten im Treppenhaus der Alten Schule wieder funktionsfähig. Dabei wurden neuerlich die unterschiedlichen Zeit- und Engagementmöglichkeiten verschiedener Projektgruppenmitglieder deutlich.

Die Bauplanung wurde in diesem Jahr weitgehend abgeschlossen. Detailarbeiten lagen nun in den Händen der Architekten und des Statikers. Letzterer wies nach, dass das Hans eigentlich längst zusammengefallen sein müsste, denn Lasten des Mansarddachs waren Anfang des Jahrhunderts nicht über die Außenwände abgefangen worden, sondern lasteten auf der Geschossdecke… Nun sahen wir es auch, wie sich die Balken bogen… Dies sollte in der Folge umfangreiche zusätzliche Sanierungs- und Umbauarbeiten notwendig machen.

Bei der Konkretisierungsplanung, die wegen der öffentlichen Zuschüsse mit einem – extrem unflexiblen – Staatsbauamt abgestimmt werden musste, wurden zwei Dinge deutlich: zum einen konnte der größte Teil der Bauarbeiten nicht selbst ausgeführt, sondern musste öffentlich ausgeschrieben werden. Dadurch wurde zum anderen alles viel teurer als ursprünglich kalkuliert. Entsprechend musste auf die Realisierung vieler Pläne zunächst verzichtet werden. So wurden z.B. die Sanierung der Fernster, der Umbau des Klo-Häuschens und der Remise, Wintergarten und Pergola sowie die gesamten Außenanlage auf einen späteren zweiten Bauabschnitt verschoben (der bis heute, 1992, leider noch nicht realisiert werden konnte).

Dass es unmöglich war, das Haus zum größten Teil in Eigenarbeit zu bauen, stellte eine herbe Enttäuschung dar, insbesondere für die Handwerkerfraktion der Projektgruppe. Der Umbau einer anderen hessischen BDP-nahen Bildungsstätte wurde übrigens einige Jahre später in Eigenarbeit erstellt – ein flexibleres Staatsbauamt war dafür zuständig. Beim Nachdenken über Auswege aus dem Dilemma entstand die Idee, eine eigene Baufirma zu gründen, was auch geschah. Die Entwicklung dieser selbstverwalteten Ökotopia-Bau GmbH habe ich an anderer Stelle beschrieben (vgl. Bischoff/Damm 1985).

Anfang 1982 waren vor allem die Architekten, Statiker und Hauptamtlichen mit den Plänen beschäftigt, die im Frühjahr abgegeben wurden und nun den „Marsch durch die Institutionen“ antraten: vom örtlichen Bauamt zum Staatsbauamt, von dort zum Landesjugendamt, dann zum Hessischen Sozialministerium, schließlich zur Stiftung Jugendmarke. Entsprechend kamen die Bewilligungen erst im Herbst 1982, vorher durfte nicht angefangen werden.

In der so verursachten Zwischenzeit zerfiel die Projektgruppe: Die ABM-Hauptamtlichen erledigten die nötigen Formalien, die ohnehin wenig attraktiv waren und bewältigten die groben und kleinen Katastrophen, wie etwa den Ausfall der Heizung im Winter 1981 oder die „SintfIut“ im März 1982, die das ganze Jugendzentrum unter Wasser setzte, da irgendwer den Hauptwasserhahn aufgedreht hatte… Die Handwerkercrew bereitete ihre aus 8 Leuten bestehende Baufirma vor und war damit voll ausgelastet. Zwei Projektgruppenmitglieder erwarben ein Haus in der Region und bauten dieses aus…

 

Etablierung örtlicher Jugendarbeit

Ich hatte inzwischen beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft einen Jugendgruppenmodellversuch beantragt, mit dessen Hilfe die Möglichkeit der Übertragung von Ergebnissen meines ersten DJI-Forschungsprojektes (vgl. Damm 1980 und 1981) auf ehrenamtliche Gruppenarbeit in 2 Regionen erprobt werden sollte. Nachdem dieser Modellversuch im Sommer 1982 bewilligt worden war, entschieden wir, einen Projektschwerpunkt in Neu-Anspach anzusiedeln. Achim wechselte daraufhin von der Landesverbandsbildungsreferenten- auf die Modellversuchstelle und baute in Neu-Anspach eine regionale Jugendgruppenarbeit auf. Die Kinder- und Jugendgruppen sowie der Teamer-Arbeitskreis erhielten einen Gruppenraum in der Bildungsstätte, in dem sie sich seitdem trafen und in dem die Gruppenarbeit auch nach Auslaufen des Modellversuchs fortgeführt wurde (zu den Ergebnissen des Modellversuchs vgl. Damm/Schröder 1988, Tips und Theorie aus der Jugendarbeit. Heft 1-5, Schröder 1985, 1986 und 1991).

So entstand bereits relativ früh neben dem selbstverwalteten Jugendzentrum ein zweiter regionaler Jugendarbeitsschwerpunkt in der Bildungsstätte. Die sich hier treffenden festen BDP-Kinder- und Jugendgruppen waren kein Konkurrenzangebot zum Jugendzentrum. Denn zum einen wurden aus modellversuchsbedingten Gründen nur Jugendliche zwischen 10 und 12 Jahren angesprochen, während sich im Jugendzentrum vor allem ältere trafen. Zum anderen war geplant, dass die Jugendlichen der Gruppen später sowohl die festen Jugendgruppen wie das offene Angebot des Jugendzentrums wahrnehmen können sollten.

Ein dritter kontinuierlicher Jugendarbeitsschwerpunkt auf dem Bildungsstättengelände entwickelte sich bald darauf, als mit dem benachbarten BDP-Kreisverband Main-Taunus (MTK) vereinbart wurde, dass sich dieser den Dachboden der Remise zur Wochenend-„Datschka“ ausbauen durfte.

In einem frühen Stadium der Bildungsstättenplanung hatte die erste Projektgruppe die Idee entwickelt, dass verschiedene BDP-Regionen Patenschaften für einzelne Bildungsstättenräume übernehmen könnten, um dann deren Gestaltung gemeinsam mit der Projektgruppe zu planen, selbst auszubauen und einzurichten. Damit sollte auch nicht aus der Region kommenden Gruppen die Mitgestaltung und Aneignung der Bildungsstätte ermöglicht sowie sichergestellt werden, dass beim Bildungsstättenausbau von Anfang an die Vorstellungen verschiedener Jugendszenen berücksichtigt würden. Außerdem sollte damit natürlich auch zum Erbringen von Eigenleistungen motiviert werden.

Bei der Diskussion dieser Vorstellungen im Verband meldeten verschiedene Gruppen jedoch nicht nur Mitgestaltungs-, sondern auch Okkupationswünsche an: dass die von ihnen gestalteten Räume ausschließlich von ihnen genutzt werden dürften. Da dies sowohl der vorgesehenen Nutzung als offenes Beleghaus wie den Bewilligungsbedingungen der Zuschussgeber widersprach als auch einen ökonomischen Betrieb der Bildungsstätte ausgeschlossen hätte, wurde nach einer Lösung gesucht, wie zumindest dem Bedürfnis nach einem eigenen, selbstdefinierbaren Ort der BDP-Gruppen des angrenzenden Landkreises Rechnung getragen werden könnte. Und da Ausbau- und Nutzungsmöglichkeiten für die Bildungsstätten-Remise in weiter Ferne lagen, wurde vereinbart, dass sich der Kreisverband MTK den Remisenboden als Schlafstätte und einen anderen Raum der Remise als Aufenthaltsraum, Küche etc. ausbauen könnte.

Zugleich wurde damit die Hoffnung verbunden, die Lösung für einen anderen Zielkonflikt der Bildungsstätte zu finden, nämlich den zwischen Iangfristigen Belegungszusagen an Fremdbeleger und dem kurzfristigen Planungshorizont von Jugendgruppen. Mit der MTK-Datscha bestand nämlich eine Möglichkeit, zumindest für BDP-Gruppen über Absprache mit dem MTK-BDP auch spontane Wegfahrbedürfnisse zu realisieren, ohne allein auf die langfristigen Belegungspläne der Bildungsstätte verwiesen zu bleiben.

 

Von der ehrenamtlichen zur professionalisierten Projektgruppe

Anfang 1983 konnte endlich mit den ersten Bauarbeiten begonnen werden. Einen Großteil davon führten die Firma Ökotopia und ein anderer selbstverwalteter Betrieb durch. Das alte Treppenhaus wurde abgerissen, der Fahrstuhlschacht mit neuem Treppenhaus und neuem Giebel begonnen. Nun trat wieder Handlungsbedarf für eine Projektgruppe auf, schon weil ständig „Bauherren“-Entscheidungen nötig waren. Deshalb lud Achim mögliche Interessentlnnen aus verschiedenen BDP- sowie regionalen Zusammenhängen ein. Zum ersten Treffen fanden sich neben Achim, Heinz und mir ca. 10 BDPler überwiegend aus Frankfurt und Gießen ein. Jutta und Berndt kamen über regionale Kontakte hinzu. Mit wenigen Ausnahmen waren die meisten neuen Projektgruppenmitglieder arbeitslos und auf der Suche nach einer Arbeitsplatzperspektive. Dies machte die Projektgruppendiskussion etwas schwierig, da die Bildungsstätte auf absehbare Zeit allenfalls ABM- oder projektfinanzierte Stellen ermöglichte.

Es begann erneut der bereits oben beschriebene Prozess von utopischer Ideenentwicklung, Konkretisierung, Interessenaushandlung, nur dass nunmehr eine ganze Reihe von Entscheidungen festgeschrieben und von Anfang an viel Konkretes zu tun war. In der Konzeptionsdiskussion wurde jetzt die regionale Jugendarbeit stärker betont, zumal das von ca. einem Dutzend Ehrenamtlichen begleitete Jugendarbeitsprojekt mit 5 Jugend- und einer Kindergruppe erfolgreich angelaufen war. Mehrere Projektgruppenmitglieder planten einen Arbeitskreis Geschichte und Zukunft, der alle wichtigen regionalen Ereignisse und Daten dokumentieren und zum einen in Spurensicherungen, zum anderen in Überlegungen zur Regionalentwicklung und -politik umsetzen wollte. Als weiterer Schwerpunkt kristallisierten sich Multiplikatorenfortbildungen für BDP-Teamer heraus, ein Jugendarbeits-Archiv sollte eingerichtet, Spiele- und Spurensicherungsfortbildungen durchgeführt werden.

Zwar diskutierte die Projektgruppe in den nächsten Monaten intensiv über die verschiedenen Vorstellungen und Motivationen und entwickelte verschiedene Konzeptionselemente für die Bildungsstättenarbeit, doch wurde diese Diskussion immer wieder durch Fragen des Bildungsstättenausbaus überlagert. Da musste kurzfristig über Wanddurchbrüche, Ausschreibungen, Anfragen der Gemeinde, Wünsche des Jugendzentrums, Streitfragen mit dem DRK oder der Ökotopia-GmbH, eigene Zivildienststellen für das Projekt, Selbsthilfe u.v.a.m. entschieden werden. Eigenleistungen mussten erbracht und koordiniert, mitarbeitswillige Jugendliche eingewiesen werden etc.

Entsprechend engagierten sich Projektgruppenmitglieder immer mehr im Ausbau, was jedoch effektiv nur von denjenigen aus der Region geleistet werden konnte. Zumal dann einzelne zuvor arbeitslose Projektgruppenmitglieder woanders eine Stelle erhielten bzw. in der sich konkretisierenden Diskussion feststellten, dass die Bildungsstätte keine Arbeitsplatzperspektiven beinhaltete, strukturierte sich die Projektgruppe im Laufe des Jahres 1983 so um, dass am Ende des Jahres vor allem diejenigen übrig blieben oder neu hinzustießen, die in der Region wohnten bzw. in die Region ziehen wollten.

Zu letzteren gehörten neben Achim auch Georg und Beate, mit denen ich zusammen die ASH-Lernwerkstatt vorbereitet und ein Handbuch für selbstorganisierte Ausbildungsinitiativen verfasst hatte (vgl. Damm/Müller/Rottmann 1985). Nachdem sich die Perspektive, in der Lernwerkstatt mitzuarbeiten, zerschlagen hatte, wollten sie ihre Erfahrungen im Rahmen einer Beratung von selbstorganisierten Initiativen im Ausbildungs- und Arbeitsbereich nutzen. Und da sie von Frankfurt aufs Land zu ziehen vorhatten, schlug ich vor, die Projektberatung in der Anspacher Bildungsstätte anzusiedeln, zumal mir die Verbindung von Jugendarbeit, politischer Bildung, Teamerfortbildung und Projektberatung, die sich ja z.T. per Seminararbeit vollziehen würde, im Rahmen eines an Selbstorganisationszielen orientierten Bildungsstättenkonzeptes als naheliegend und plausibel vorkam.

Beate und Georg fanden an dieser Idee gleichfalls Gefallen. Denn zum einen schien ihnen die Bildungsstätte eine passende Verortung für ihr Vorhaben, zum anderen versprach die Projektgruppe ein neues soziales Bezugsfeld nach dem geplanten Umzug aufs Land, und zum dritten war ihnen die eigene Erfahrung in einem selbstverwalteten Projekt wichtig für die geplante Beratung anderer selbstverwalteter Projekte. Zudem bestanden gute Chancen, die beiden Stellen aus dem Landesprogramm zur Förderung von Beratungsstellen für jugendliche Arbeitslose gefördert zu bekommen. Dies war auch für die Bildungsstätte besonders interessant, handelte es sich dabei doch faktisch um dauerfinanzierte Stellen, auf die sonst nicht zu hoffen war.

Trotzdem wurde die Idee für diesen neuen konzeptionellen Bildungsstättenschwerpunkt in der Projektgruppe im Herbst 1983 ziemlich kühl aufgenommen. Zwar mochte niemand gegen die Beratung jugendlicher Arbeitsloser und von Projekten sprechen, Mitarbeitswilligen den Zutritt versagen oder die Aussicht auf dauerfinanzierte Stellen ausschlagen. Aber die Begeisterung hielt sich deutlich in Grenzen.

Dies hatte mehrere Gründe: zum einen hatten die VertreterInnen von Jugendgruppenarbeit die Befürchtung, dass durch die Entwicklung neuer Schwerpunkte im BDP die klassischen Jugendverbandsaufgaben zu kurz kommen, Schwerpunktverlagerungen, Verzettelung und Diffusität drohen könnten. Die VertreterInnen der „Baufraktion“ in der Projektgruppe wiederum hatten wenig Lust, sich auf neue Konzeptdebatten einzulassen, da ihnen die Bauaufgaben bereits über den Kopf wuchsen und sie in deren Meisterung die absolute Priorität dieser Zeit sahen. Die neuen KopfarbeiterInnen mochten ihnen deshalb als wenig hilfreich erscheinen. Einzelne stark beziehungsorientierte Gruppenmitglieder befürchteten zudem, dass die Gruppe, nachdem sie gerade auf eine überschaubare Größe zusammengeschrumpft war, wieder zu groß und damit für dichte Beziehungen weniger tragfähig werden könnte.

Schließlich lag im Einbringen von zwei potentiell dauerfinanzierten Stellen durch von außen kommende Leute völlig unabhängig von den konkreten Personen eine Art Platzbesetzung und potentielle Usurpation von Langzeitperspektiven vor. Diese musste die Projektgruppenmitglieder, die mit der Bildungsstätte eine Arbeitsplatzhoffnung verbanden, jedoch nur über prekäre Finanzierungen verfügten – wie zeitlich befristete Modellprojektmittel, ABM, Ausbauhonorare, Arbeitslosengeld oder -hilfe u.ä. – ausgesprochen oder unausgesprochen kränken.

Der damit verbundene Unmut bei allen Beteiligten konnte besänftigt werden. Die neuen Projektgruppenmitglieder blieben. Es blieben aber auch die genannten Probleme: die potentielle Rivalität zwischen „eigentlicher“ Jugendarbeit und von einigen als „uneigentlich“ angesehener Projektberatung, die strukturelle Spannung zwischen langfristig abgesicherten und prekär finanzierten Projektgruppenmitgliedern, der Konflikt zwischen den Erfordernissen von Ausbau und Organisation der Bildungsstätte und der inhaltlichen Arbeit. Schließlich bestand auch der latente Widerspruch zwischen dem Wunsch nach einer vertrauten, emotionale Sicherheit gebenden Gruppe und der durch personelle Fluktuation und Diskontinuität gekennzeichneten Realität.

Die Jahre 1984 und 1985 standen im Zeichen der Professionalisierung und juristischen Verselbständigung des Projekts: Georg erhielt 1984 doch noch eine EG-finanzierte Stelle bei einem selbstorganisierten Ausbildungsprojekt, war dort aber vorwiegend für den Erfahrungstransfer und die über dieses Projekt hinausgehende Beratung und Unterstützung anderer Projekte zuständig, verbrachte jede freie Minute in Neu-Anspach und setzte die Projektberatungstätigkeit ab 1985 im Rahmen eines von der Stiftung Deutsche Jugendmarke finanzierten und in der Bildungsstätte angesiedelten 3-jährigen Modellversuchs in Neu-Anspach fort.

Die oben genannten 2 Stellen für eine Beratung von Jugendlichen in Berufsnot wurden ab Mitte 1984 vom Land bezuschusst; nachdem eine erste Konzeption, die vorwiegend Projektberatung vorsah, vom Land Hessen in dieser Form abgelehnt worden war, wurde hier als Beratungsstelle mit den Schwerpunkten Individualberatung, Schulabgängerseminare etc. gearbeitet.

Finanziert über das Landesprogramm zur Versorgung von Altbewerbern mit Lehrstellen fing Jupi im Frühjahr 1984, angeleitet von Achim, eine Lehre in der Bildungsstätte zur Bürokauffrau an. Jupi war eine sehr selbständige, engagierte Jugendliche, die den BDP über eine von dessen regionalpolitischen Aktionen kennengelernt hatte und vom ersten Tag an auch im Team interessiert mitarbeitete. Im Herbst 1984 erhielten Jutta und Heinz ABM-Stellen in der Bildungsstätte.

Im Juni 1984 gründeten Hauptamtliche und verbliebene Ehrenamtliche einen bald darauf als gemeinnützig anerkannten eingetragenen Verein, dem alle Rechte und Pflichten nun auch juristisch vom BDP-Landesverband übertragen wurden.

Im Frühjahr 1985 wurden die Bildungsstätte als Dienststelle für zwei Zivildienstleistende anerkannt. Außerdem konnte endlich der Umbau eines Belegungsstockwerkes abgeschlossen werden. Mitte 1986 wurde auch das andere Stockwerk fertig. Der Innenausbau wurde weitgehend in Eigenleistung erledigt, und so zog sich die Fertigstellung des letzten Raumes – des Filmsaales – noch bis Ende 1987 hin.

Der Übergang von einer ehrenamtlichen zu einer überwiegend von Hauptamtlichen definierten Projektgruppe, das schnelle Anwachsen der Hauptamtlichen- und Honorarstellen (von 2 Hauptamtlichen und einer Honorarstelle 1984 auf 6 Hauptamtlichen, 2 Zivildienstleistende, 1 Auszubildende, 1 Praktikanten und 2 Honorarstellen 1985), der gleichzeitige Aufbau mehrerer neuer Arbeitsbereiche parallel zu Bildungsstättenausbau und verstärkt beginnendem Belegungsbetrieb und der sukzessiven Übertragung aller juristischen und vereinsrechtlichen Verbindlichkeiten vom BDP-Landesverband auf einen eigenen Bildungsstättenverein brachte eine Menge an Klärungs-, Strukturierungs- und Konzeptionsbedarf, zumal die Gruppe nicht aus Leuten bestand, die sich lange kannten oder von Anfang an gemeinsame konzeptionelle Vorstellungen entwickelt hatten.

In der Projektgruppenvorlage vom August 1985 wurden z.B. folgende zu klärende Aspekte genannt:

„l. Geschichte des Projektes. 2. heutiger Stand: Arbeitsbereiche, Menschen, Nutzung der Gebäude. Selbstverständnis als selbstverwaltetes Projekt – Entscheidungen etc., Finanzen, einschließlich Haushaltsplanung, Arbeitsbedingungen wie Lohn, Urlaub, Arbeitszeit, Stand des Ausbaus. 3. Verhältnis Alte Schule zu BDP Neu-Anspach (Jugendliche/Ehrenamtler) und BDP Hochtaunus. 4. Verhältnis zum BDP-Landesverband, 5. Verhältnis zum BDP MTK, 6. Verhältnis zu Jugendzentrum Neu-Anspach und Jugendzentren in der Region, 7. Verhältnis zur Gemeinde und zu anderen Gemeinden/Kreis (als politische Verwaltungseinheit), 8. Verhältnis zu politischen Initiativen, Projekten, Kultur und Sport usw. in der Region (Beispiel Eisenbahnaktion/Momo/Friedensinitiativen/Grüne/Bürgerinitiativen gegen Straßenneubau/Dritte-Welt-Gruppe usw.). 9. Verhältnis zu anderen Bildungsstätten, l0.Verhältnís zur grün-alternativen linken Bewegung in der BRD, 11. …auf der ganzen Welt, 12. Wollen wir gemeinsam selbst modellhaft für unsere politisch-pädagogischen Prinzipien sein – von der Baubiologie über dezentrale Energie und Kompostierung bis zur Ernährung und natürlich dem zwischenmenschlichen Umgang????“

 

Personelle und finanzielle Konsolidierung

Waren Mitte der achtziger Jahre sowohl die wichtigsten Ausbaufragen als auch die konzeptionellen Eckpunkte der Arbeit geklärt, so ging es in den folgenden Jahren vor allem um die konzeptionelle, personelle, strukturelle und finanzielle Konsolidierung. Dabei wurde die komplexe Projektstruktur vor allem durch eine verstärkte Arbeits- und Zuständigkeitsverteilung handhabbar gemacht. Viele andere Strukturierungs- und gruppendynamischen Probleme erledigten sich dadurch, dass nach Fertigstellung des Baus, dem Auslaufen von Projekt- und ABM-Stellen sich das hauptamtliche Team ab 1988 auf drei Personen (Jupi, Mike und Simone) plus die jeweiligen zwei Zivildienstleistenden reduzierte. Damit konzentrierte sich jedoch auch alle Arbeit auf diese Personen, obwohl Heinz weiter auf ehrenamtlicher Basis die sehr umfangreiche Bauabwicklung und -abrechnung fertigstellte und auch Achim, der sich zwei Jahre lang auf ein Forschungsprojekt zur Jugendarbeit konzentrierte (vgl. Schröder 1991), noch für viele Fragen zur Verfügung stand.

Insbesondere die prekäre Ökonomie blieb jedoch über Jahre ein strukturell ungelöstes Problem. Denn zum einen waren aus der Bauphase über l00.000 DM Schulden übrig geblieben. Zum zweiten zahlte das Land Hessen für die beiden Jugendbürostellen nur einen Zuschuss von 70.000 DM, sodass bereits aufgrund ungedeckter Personalkosten jährlich 30.000 DM an Eigenmitteln aufzubringen waren, die Sachkosten nicht gerechnet. Zum dritten deckte der Belegungsbetrieb längst nicht alle fixen Kosten des Hauses, zumal die Jugendarbeit und das Jugendbüro noch mitsubventioniert werden mussten.

Für das hauptamtliche Team war diese Situation äußerst belastend, musste doch projektbegleitend ständig Finanzakquisition betrieben und mit leeren Kassen gewirtschaftet werden. Da sich das Team damit überfordert zeigte, befasste sich der ehrenamtliche Vorstand immer stärker mit Fragen der Kostenanalyse, Werbungsmöglichkeiten für zusätzliche Belegungen und Ideen für die Geldbeschaffung und übernahm in einer besonders krisenhaften Situation schließlich die volle Finanzverantwortung. Ich hatte bereits früher zinsgünstige Privatdarlehen zur Zwischenfinanzierung der Bauschulden und Forschungs- und Beratungsaufträge zum Ausgleich des laufenden Defizits besorgt. Gemeinsam mit Mike wurde nun ein kleines Jugendarbeitsprojekt bei der Europäischen Gemeinschaft besorgt, außerdem ein Förderverein gegründet und verstärkt bei Kreis und Gemeinde um Unterstützung geworben. Mit Hilfe von Mitgliedern des Fördervereins wurden Benefizveranstaltungen durchgeführt oder Bußgelder sowie Spenden wie z.B. der Kreissparkasse eingeworben.

Mit solchen und ähnlichen Maßnahmen konnten Jahr für Jahr der Defizitausgleich sowie Teilrückzahlungen der Bauschulden erreicht werden. Allerdings blieb deutlich, dass Finanzakquisition, Kostensenkungsmaßnahmen, Belegungswerbung, Entwicklung und Beantragung von Modellprojekten, Vorbereitung und Abwicklung des seit Jahren immer wieder verschobenen, aber dringend nötigen zweiten Bauabschnitts und eine ganze Reihe anderer Geschäftsführungsaufgaben auf Dauer nicht ehrenamtlich zu organisieren waren. Deshalb waren im Vorstand schon seit längerem Überlegungen zur Gründung einer Stiftung angestellt worden, mit deren Erlösen unter anderem eine Geschäftsführungsstelle bezahlt werden sollte, die sich um die genannten Fragen sowie um Perspektivenentwicklung kümmern könnte.

Ein glücklicher Zufall bescherte uns schließlich Ende 1990 eine Erbschaft, mit der eine solche Stiftung errichtet und zahlreiche kleinere Zustiftungen angeregt werden konnten – als Grundstock eines Vermögens, dass die dauerhafte Existenz dieses Zentrums für Jugendarbeit hoffentlich eines Tages abzusichern vermag. Dazu bedarf es allerdings noch einiger kräftiger Zustiftungen, um die auch mit dieser Broschüre geworben werden soll. Mit Blick auf diese Stiftung entschieden sich Ende 1990 Achim und Heinz, die beiden „Dienstältesten“ des Projekts, mit Teilen ihrer Arbeitskraft wieder verstärkt im Haus mitzuarbeiten und widmen sich seitdem Geschäftsführungs- und Zukunftsaufgaben.

Damit rückt nach über 11 Jahren Arbeit eine strukturelle Lösung der beschriebenen Probleme in greifbare Nähe. Dazu trägt auch wesentlich bei, dass das im Oktober 1990 komplett ausgeschiedene Team (Jupi, Mike und Simone) noch zu einer sehr deutlichen Klärung von Verantwortlichkeiten und organisatorischen Rahmenbedingungen beitrug, die dem neuen Team (Achim, Heinz, Roland, Sabine, Ulli) sicher wesentlich zu einer bislang relativ friktionsfreien Fortsetzung der Arbeit verholfen hat.“

Soweit zunächst einmal der „Berichtsteil“ aus der oben genannten Broschüre, der dort einen Teil des ca. 30 Seiten umfassenden 1. Abschnitts der insgesamt 86-seitigen Broschüre darstellt. Diethelm geht in seinem Text noch auf Arbeitsschwerpunkte sowie Aspekte der Selbstorganisation und Selbstverwaltung ein. Wer sich dafür interessiert, sei auf die Broschüre verwiesen. Und darauf, dass demnächst „Fortsetzung folgt“…